- Autositze sind von Hause aus nicht für den sicheren Transport von Kindern unter 150 cm geeignet.
- Autokindersitze bieten maximale Sicherheit, sind jedoch teuer und eher unhandlich.
- Eine Sitzerhöhung ist eine praktische Alternative für größere Kinder, muss jedoch in Sicherheitsfragen kritisch bewertet werden.
Sitzerhöhungen – Komfort mit großem ABER
Mobilität steht für den modernen Menschen im Alltag im Vordergrund. Der Weg zur Arbeit, der wöchentliche Einkauf, Besuch bei Freunden oder der wohlverdiente Urlaub – die meisten Wege werden heute ganz selbstverständlich mit dem eigenen Auto zurückgelegt. Daran ändert sich auch nichts, wenn Kinder die Familie vervollständigen, im Gegenteil werden nun auch noch der Weg zum Kindergarten oder später zur Schule meist mit dem Auto bewältigt.
Autos sind dabei in jeder Hinsicht für Erwachsene konzipiert. Dies gilt selbstverständlich für Fahrer aber ebenso für Bei- und Mitfahrer und zeigt sich vor allen Dingen in Form und Größe klassischer Autositze und damit kombinierter Sicherheitsgurte. Sie sind darauf ausgerichtet, den ausgewachsenen Körper zu stützen und zu schützen. Orientiert an der Straßenverkehrsordnung wird davon ausgegangen, dass die fahrzeugseitig vorhandenen Sitze und Gurte erst ab dem 12. Lebensjahr oder einer Größe von 150 cm geeignet sind und genutzt werden dürfen (StVO § 21 (1a)).
Kleinere Kinder benötigen deshalb einen eigenständigen Kindersitz, der als Zubehör auf den vorhandenen Sitzen, zum Teil mit den vorhandenen Rückhaltesystemen genutzt wird. Solche Kindersitze bietet der Handel in unterschiedlichen Ausführungen für Kinder ab der Geburt, bis üblicherweise zu einem Körpergewicht von 36 Kilogramm.
Dabei ist der Umgang mit Kindersitzen oftmals ziemlich umständlich und die meisten Modelle blockieren dauerhaft einen Sitz. Für ältere Kinder präsentieren Hersteller deshalb einfache Sitzerhöhungen als Alternative zu großen, aufwendig zu nutzenden und deutlich teureren Kindersitzen.
Kindersitzerhöhungen sind praktisch, sollten jedoch nicht ohne einen kritischen Blick auf ihre Schwächen genutzt werden.
Was ist eine Sitzerhöhung und wie funktioniert sie?
Eine Sitzerhöhung bietet die Möglichkeit, ohne großen Aufwand und mit geringen Kosten vorhandene Autositze und vor allen Dingen die vorhandenen Sicherheitsgurte auch für Kinder zu nutzen.
Der Hauptgrund dafür, dass selbst größere Kleinkinder unter 12 Jahren meist einen klassischen Sicherheitsgurt nicht nutzen können, ist der Winkel bzw. die Befestigungshöhe des Brustgurtes. Während der Hüftgurt eines klassischen Dreipunktgurtes grundsätzlich auch für Kinder geeignet ist, verläuft der Brustgurt nicht über Bauch, Brust und Schulter sondern, abhängig von der Größe des Kindes, über Hals oder Gesicht, wodurch die Rückhaltewirkung verloren geht und im Gegenteil eine noch höhere Verletzungsgefahr entsteht.
Die einfachste Methode den Sicherheitsgurt für Kinder nutzbar zu machen, besteht folglich darin, die Sitzhöhe und damit die Position des Oberkörpers zu verändern. Eine Sitzerhöhung ist deshalb nichts anderes, als eine stabile, ergonomische Sitzunterlage, die auf der Sitzfläche des Fahrzeugs liegt und so die Position des Kindes um einige Zentimeter erhöht. Gleichzeitig schmälert er die Breite des normalen Sitzes und optimiert so auch die Schutzwirkung des Beckengurtes und verhindert ein Herausrutschen des Kindes.
Ein klassischer Auto-Dreipunkt-Sicherheitsgurt kann für Kinder nicht genutzt werden, da deren Becken schmaler und Oberkörper kürzer als bei Erwachsenen sind.
Eine Sitzerhöhung ist eine einfache Sitzunterlage, welche die Sitzposition des Kindes um einige Zentimeter erhöht und schmälert, wodurch der Sicherheitsgurt genutzt werden kann.
Eine Sitzerhöhung ist preisgünstig, leicht, platzsparend und flexibel in mehreren Fahrzeugen nutzbar.
Was sind die Vorteile einer Sitzerhöhung?
- preisgünstige Alternative
- nutzt den vorhandenen Sicherheitsgurt
- klein, leicht, platzsparend
- keine dauerhafte Platzierung erforderlich
- findet Platz im Kofferraum
- auch für Carsharing oder mit mehreren Fahrzeugen einfach nutzbar
Worin liegen die Nachteile einer Sitzerhöhung?
- erkennbare Sicherheitsmängel
- kein Seitenaufprallschutz
- weniger Sitzkomfort
- meist ohne obere Gurtführung
- Modelle mit Schadstoffbelastung
Wie testet man eine Sitzerhöhung?
Sitzerhöhungen werden in großer Auswahl im Handel angeboten. Auf den ersten Blick unterscheiden sich die meisten Modelle höchstens im Design. Dennoch sollte nicht alleine nach oberflächlich optischen Aspekten oder nach Preis ausgewählt werden. Ein individueller Sitzerhöhung Test kann aus dem großen Angebot die Modelle ermitteln, die in Funktionalität und Sicherheit am besten überzeugen.
Welche Sicherheitsmerkmale zeigt eine Sitzerhöhung?
Auf den ersten Blick gleichen sich Sitzerhöhungen weitgehend. Sie bestehen aus einem stabilen Styroporkern in Form einer gewölbten Sitzfläche, die bei einfachen Modellen einfach mit Textil bezogen ist. Hochwertigere Modelle besitzen zudem einen Kunststoffrahmen, der zusätzliche Stabilität verleihen soll.
Seitliche Hörnchen an der Rückseite der Sitzerhöhung dienen als Gurtdurchführung und passen die Gurtbreite auf die Beckenbreite des Kindes an. Zusätzlich nutzen einige Modelle einen Gurtfix-Riemen. Hierbei handelt es sich um eine Schlaufe, durch die der Brustgurt geführt wird, die über ein Band am Sitz befestigt ist und den Brustgurt so leicht nach unten zieht, um sicherzustellen, dass dieser über die Brust des Kindes und nicht über den Hals verläuft.
Einige Modelle arbeiten mit dem Isofix-System und werden so über die fahrzeugseitigen Verbindungspunkte fixiert, was auch bei einem Aufprall das Verrutschen der Sitzerhöhung verhindert und sie auch ohne Gurt am Platz fixiert, wenn sie nicht genutzt wird.
Welche Komfortmerkmale zeigt eine Sitzerhöhung?
Komfort bedeutet im Falle einer Sitzerhöhung vor allen Dingen Sitzkomfort. Einige Sitzerhöhungen sind zum Beispiel besser gepolstert als andere, die auf die Dauer durchaus unbequem werden können.
Ein abnehmbarer und waschbarer Bezug ermöglicht eine deutlich einfachere und gründlichere Reinigung als sie bei Modellen mit fest aufgebrachtem Textilbezug möglich ist. Daneben unterscheiden sich einzelne Modelle auch deutlich durch die Qualität der Textilien. Sehr billige Modelle werden durch natürlichen Abrieb schnell unansehnlich oder sogar beschädigt oder bleichen im Sonnenlicht schnell aus, was zwar keinen direkten Einfluss auf die Funktion hat, eine Sitzerhöhung jedoch schnell unansehnlich macht.
Sitzerhöhungen bestehen aus einfachem Styropor oder einem Kunststoffrahmen mit einem Styroporkern und einem Textilbezug.
Seitliche Bügel bilden eine Gurtdurchführung, die den Beckengurt verkürzen und sein Hochrutschen verhindern sollen.
Ein Gurtfix-System verhindert die Lage des Brustgurtes über dem Hals des Kindes und damit zusätzliche Verletzungen bei einem Unfall.
Was sagt die Stiftung Warentest zu Sitzerhöhungen?
Verkehrssicherheit ist gerade beim Transport von Kindern unverzichtbar. Mängel in der Qualität und der Verarbeitung und deren Auswirkung auf die Schutzwirkung sind hier nicht nur ärgerlich, sie können schwerste, schlimmstenfalls sogar tödliche Folgen haben. Eltern kaufen auch hier bevorzugt preisbewusst, sind jedoch selten bereit, bei der Sicherheit bewusst Kompromisse zugunsten eines Schnäppchens zu machen.
Die Stiftung Warentest als unabhängiges und gemeinnütziges Testinstitut nimmt deswegen immer wieder Produkte zum Thema Verkehrssicherheit von Kindern unter die Lupe und bietet Eltern damit eine wertvolle Orientierungshilfe.
Insgesamt wurden so im Laufe der Jahre mehr als 400 Autokindersitze getestet, darunter immer wieder auch Sitzerhöhungen.
Daneben hat auch der ADAC als Kompetenz in Fragen des Straßenverkehrs Sitzerhöhungen getestet und kommt ebenfalls zu einem eher ernüchternden Ergebnis: Sitzerhöhungen sind gerade für längere Fahrstrecken in Fragen der Sicherheit deutlich mangelhaft und insgesamt wenig empfehlenswert. Auf jeden Fall können sie einen klassischen, vollwertigen Autokindersitz nicht ersetzen.
Der Grund für dieses negative Gesamturteil ist die einfache Bauweise, die wichtige Schutzaspekte eines Kinderautositzes vernachlässigt. So verzichtet eine Sitzerhöhung auf eine eigenständige Rückenlehne und nutzt an ihrer Stelle die Rückenlehne des Autositzes. Crashtests belegen, dass hierbei vor allen Dingen der für Kinder so wichtige Seitenaufprallschutz fehlt. Ein klassischer Kindersitz besitzt in der Regel eine Rückenlehne mit seitlich am Oberkörper und vor allen Dingen auf Kopfhöhe vorstehenden gepolsterten Halbschalen. Bei einem seitlichen Aufprall fangen diese den Kinderkörper ab. Sind sie, wie bei der Sitzerhöhung der Fall, nicht vorhanden, besteht bei einem Unfall die Gefahr, dass der Kopf des Kindes ungehindert gegen die Scheibe oder Teile der seitlichen Karosserie schlägt, was schwerste Verletzungen zur Folge haben kann. Auch wenn dies nicht geschieht oder durch fahrzeugeigene Systeme, wie Fensterairbags, verhindert wird, kann eine ungebremste Bewegung des Kopfes bei einem Unfall Schäden an der empfindlichen Halswirbelsäule und dem sie umgebenden Bewegungsapparat verursachen.
Isofix und Gurtfix täuschen laut ADAC-Test ebenfalls Sicherheit vor, die in der Praxis nicht vorhanden ist. So kann der Sitz bei einem Unfall zwar nicht unter dem Kind wegrutschen, am mangelnden Seitenschutz ändert dies jedoch nichts und die Fixierung des Gurtes unterhalb der sonst durch ihn gefährdeten Halspartie hält meist intensiver Bewegung des Kindes auch nicht lange Stand.
Schließlich zeigt sich gerade bei billigen Sitzerhöhungen im Test nicht selten eine übermäßige Schadstoffbelastung. Gerade in den warmen Sommermonaten, wenn Kinder mit nackten Beinen auf der Sitzerhöhung sitzen, kann Schweiß diese Schadstoffe aus dem Material lösen und diese vom Körper aufgenommen werden.
Trotz der genannten Mängel und Sicherheitsrisiken sind Sitzerhöhungen nach deutscher Straßenverkehrsordnung zugelassen. Auch sollten sie nicht pauschal abgeurteilt werden. Gerade für Kurzstrecken, zum Beispiel auf dem Weg zur Schule oder zum Kindergarten oder bei kurzen Fahrten im Auto von Großeltern, Freunden oder Verwandten sind sie eine praktikable Alternative zu umständlichen und deutlich teureren Kindersitzen. Geht es aber mit dem Auto in den Urlaub, sollte kritisch hinterfragt werden, ob das Risiko eingegangen werden sollte.
Eine Alternative sind hier modulare Autokindersitze. Sie bestehen aus einer stabilen, kunststoffummantelten Sitzerhöhung, die mit einer eigenen Rückenlehne mit Seitenaufprallschutz verbunden und so als vollwertiger Autokindersitz für ältere Kinder genutzt werden kann. Für kurze Strecken kann, zum Beispiel im Zweitwagen oder bei den Großeltern, können Rückenlehne und Sitz getrennt und letzterer als einfache Sitzerhöhung genutzt werden.
https://www.test.de/Autokindersitze-im-Test-1806826-0/
Wo kauft man eine Sitzerhöhung?
Trotz aller Kritik sind Sitzerhöhungen bei Autofahrern mit kleinen Kindern sehr gefragt. Entsprechend groß ist das Angebot.
Sitzerhöhungen in allen denkbaren Designs, vor allen Dingen mit kindgerechten Motiven aus Kino und Fernsehen, finden sich auch im Einzelhandel vor Ort. Hier werden Sitzerhöhungen vor allen Dingen im Autozubehörhandel aber auch in Autozubehörabteilungen von Baumärkten, Kaufhäusern und Supermärkten angeboten. Daneben finden sich einzelne Sitzerhöhungen auch immer wieder im begrenzten Angebot von Non-Food Discountern und bei den bekannten Lebensmitteldiscountern, wobei hier mit extrem niedrigen Preisen geworben wird, die jedoch nach Testergebnissen nicht selten zumindest mit einer messbaren Schadstoffbelastung einhergehen.
Ein umfassendes Angebot bietet hingegen der Online-Handel. Hier besteht sprichwörtlich die Möglichkeit zur bequemen Auswahl des kleinsten Übels. Online können einzelne Sitzerhöhungen vor allen Dingen in Fragen der Sicherheit sorgfältig geprüft und verglichen werden. Dabei findet sich auch bei teureren Modellen online immer ein attraktives Angebot.
Vorsicht ist auch beim Gebrauchtkauf geboten. Wie bei klassischen Autokindersitzen gilt auch hier, das Beschädigungen durch einen vorangegangenen Unfall nicht unbedingt mit bloßem Auge erkennbar sein müssen aber trotzdem die allgemeine Stabilität und Schutzwirkung einer Sitzerhöhung maßgeblich negativ beeinflussen können.
Sitzerhöhungen erweisen sich im Praxistest als insgesamt eher ungenübend und eignen sich nicht für Langstreckenfahrten.
Im Gegensatz zu Kinderautositzen fehlt bei einer Sitzerhöhung der Seitenaufprallschutz vollständig.
Auch Gurtdurchführung und Gurtfix erhöhen die Schutzwirkung einer Sitzerhöhung nur ungenügend.
Informative Links und Quellen
- https://de.wikipedia.org/wiki/Kindersitz
- https://dejure.org/gesetze/StVO/21.html
- https://www.elternchecker.de/sitzerhoehungen-im-test-2015/#section-was-sagen-stiftung-warentest-und-der-adac
- https://www.adac.de/infotestrat/ratgeber-verkehr/kindersicherheit/kindersitzberater/kauf/kindersitzsysteme-vor-und-nachteile-antwort-1.aspx